Was versteht man unter einem Cushing-Syndrom?
Was ist Cortisol?
Wie sieht die Cortisolproduktion im gesunden Körper aus?
Was sind die Ursachen eines Cushing-Syndroms?
Wie wird Morbus Cushing diagnostiziert?
Wie sieht das typische klinische Krankheitsbild aus?
Wie unsere Kunden uns beurteilen lesen Sie hier.
Das Cushing-Syndrom (Hyperadrenokortizismus) wird durch eine Ãœberproduktion des Hormons Cortisol verursacht. Im Gegensatz zu Hunden ist eine Cushing-Erkrankung bei Katzen nur extrem(!) selten.
Cortisol ist ein Hormon. Es regelt z. B. den Blutzuckergehalt, den Fettstoffwechsel, hat Einfluss auf die Bildung der roten Blutzellen, auf das Immunsystem, auf die Nieren, den Muskel- und Knochenaufbau und das Nervensystem. Gerade in Stresssituationen, bei körperlichen Belastungen, nach Operationen, bei Fieber oder bei zu niedrigem Blutzucker wird Cortisol in höheren Mengen produziert und verbraucht. Der natürliche Cortisol-Level ist somit Schwankungen unterlegen und wird im gesunden Körper mittels eigenem Regelmechanismus kontrolliert.
Verantwortlich für die Regelung des Cortisol-Levels ist der Hypothalamus (Teil des Gehirns) und die Hirnanhangsdrüse (Hypophyse). Wenn z. B. während Stress- oder Angstzuständen mehr Cortisol benötigt wird, setzt die Hirnanhangsdrüse ein Hormon, das adrenocorticotrope Hormon, kurz ACTH genannt, in die Blutbahn frei. ACTH wird von den Nebennieren erkannt, die darauf hin beginnen mehr Cortisol zu produzieren. Sinkt der Stresslevel wieder ab, stellt die Hirnanhangsdrüse die Produktion von ACTH ein, was die Nebennieren veranlasst, die Produktion von Cortisol ebenfalls zu reduzieren. Auf diese Weise ist der Cortisol-Level des gesunden Körpers immer ausgeglichen.
Der natürliche Regelkreis der Cortisolproduktion ist beim Cushing-Syndrom gestört. Die Ursachen hierfür können folgendermaßen aussehen:
Es gibt verschiedene Testverfahren und Hilfsmittel, die jedoch erst im Zusammenspiel eine ausgereifte Diagnose ergeben. Mit nur einem Test ist es nicht möglich zu einer genauen Differentialdiagnose zu gelangen. Bei Katzen kommt erschwerend hinzu, dass für sie teilweise andere Test-Regeln gelten als für Hunde. Aufgrund fehlender Erfahrungen (Katzen erkranken sehr selten) sind die Aussagen hier widersprüchlich. Eine gute Vorbereitung und das Einholen diverser Auskünfte vom Labor oder Spezialisten sind hier vor jeder Testdurchführung unabdingbar.
Die oben erwähnten Funktionstests sind (mit Ausnahme des Urin Cortisol-Creatinin-Ratio-Tests) nicht ungefährlich für einen diabetischen Patienen, denn sie beinhalten die hochdosierte Gabe von Corticoiden (Dexamethason) oder ACTH. Sie sollten deshalb, gerade bei Katzen(!), nicht allein aufgrund eines - warum auch immer - nicht einstellbaren Diabetes vorgenommen werden. In der Regel ist die Ursache des mangelnden Therapieerfolges im sonstigen Management zu finden (ungeeignetes Futter, ungeeigentes Insulinpräparat, Harnwegsinfekte, Gegenregulation bzw. Insulinresistenz durch Überdosierung etc. pp) Durch die testbedingte Gabe von Cortikoiden kommt es in der Folge nicht selten zu schwer kontrollierbaren Glukosewerten mit erhöhten Ketonwerten bis hin zur Ketoacidose. Ein Cushing Verdacht steht bei der Katze deshalb immer ganz am Ende jeder exakten und umfassenden Ursachensuche! Hinzu kommt, dass man bei Katzen häufig kein eindeutiges, auswertbares Ergebnis erhält. Wir raten deshalb von Cushing-Tests (mit Ausnahme des Cortisol-Creatinin-Ratio-Tests) bei Katzen nicht eindeutiger Symptomatik (Hautlässionen - siehe Bilder unten) ab.
Die bei diabetischen Katzen oft zu beobachtende Umverteilung des Körperfetts, die an eine Stammfettsucht erinnern kann (dicker Bauch, dünne Beine) begründet allein mit der nicht gelingenden Einstellung keinen Cushing-Verdacht, sondern ist dem Bild eines fortgeschrittenen Diabetes zuzuordnen. In diesem Stadium des Diabetes kommt es durch die katabole Stoffwechselsituation und den übermäßigen Hunger des Patienten zum Abbau von Körperfett und Muskelmasse, so dass ein großer, ausgedehnter Magen den oft kugelförmigen Bauch des Patienten ausfüllt.
Bei felinen Patienten ist lt. Literatur vielmehr die papierdünne, äußerst fragile Haut, die schon bei leichten Berührungen einreißen kann, als typisch zu bezeichnen. Schauen Sie sich deshalb die Fotos der Cushingpatientin am Ende der Seite an. So oder ähnlich sieht die typische Cushingsymptomatik bei Katzen aus.
Im Prinzip gibt es, das iatrogene Cushing-Syndrom einmal ausgenommen, nur zwei Methoden: Einmal die chirurgische und zum Anderen die medikamentöse Behandlung. Beide Methoden haben Vor- und Nachteile. Eine Entscheidung muss von Fall zu Fall getroffen werden. Lt. Literatur reagieren Katzen auf Medikamente nicht immer zufriedenstellend.
Beim iatrogenen Cushing bilden sich die Symptome nach Absetzen der Medikamente oft allein wieder zurück.
Bei Katzen ist Cushing ausgesprochen selten! Da Cushing bei Hunden jedoch recht häufig im Zusammenhang mit Diabetes diagnostiziert wird, werden Erfahrungen von Hunden nicht selten voreilig auf Katzen übertragen, wenn keine zufriedenstellende Blutzuckerregulation erreicht werden kann. Tatsächlich sind in der Fachliteratur nur wenige Fälle von Morbus Cushing bei Katzen beschrieben. Kaum ein Tierarzt sieht in seinem Berufsleben eine an Cushing erkrankte Katze.
Auch in unserer Praxis, die sicherlich eine Vielzahl an diabetischen Katzen im Vergleich zur normalen Tierarztpraxis betreut, wurde bislang nur eine einzige diabetische Cushing-Patientin vorgestellt. Die Fotos können am besten vermitteln, wie dramatisch ein tatsächlich vorhandener Cushing im Vergleich zur "nur" schwer einstellbaren Diabeteserkrankung aussieht. Denn bei Katzen ist das typische Krankheitsbild eine fragile Haut, die bei der kleinsten Beanspruchung (z.B. wenn sich die Katze putzt) einreißt.
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Die Patientin hatte sich diverse kleinere Hautverletzungen zugezogen, weshalb sie beim Tierarzt vorgestellt wurde. Beim Versuch sie im Nacken zu fixieren, entstanden dort große Hautlässionen, welche unbehandelt blieben, da die Tierhalterin die Paxis panisch verließ. Die selbst verbundenen Wunden hatten sich inzwischen infiziert. | Gut sichtbar nach dem Ausschehren sind auch die hyperpigmentierten Hautareale (graue Flecken), welche ebenfalls bei Cushing beschrieben werden. |
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Die Patientin in Narkose. Die große Wunde vom Nackengriff wurde gesäubert. | Die vielen kleineren Wunden waren vorher entstanden - z.B. beim Putzen. |
Derartige Hautläsionen können nicht genäht werden, da die Haut zu brüchig ist und mit jedem Stich neue Wunden aufreißen. Selbst das Legen des venösen Zugangs bereitete Schwierigkeiten, da allein durch diese kleine Stichverletzung sofort wieder ein etwa 2 cm langer Hautriss entstand.
Die Wunden müssen deshalb sekundär (von alleine) heilen. Das benötigt Zeit, da die Neubildung der Haut nur langsam vom äußeren Rand der Wunde nach innen fortschreitet. Während dieser Zeit ist es wichtig, das Ankleben der Verbände auf den hautlosen Arealen zu vermeiden. Deshalb sind feuchte Verbände (z.B. mit Octenisept getränkter Mull) am besten geeignet. Unerlässlich und sehr wichtig ist, dass der Patient äußerst(!) vorsichtig gehändelt wird. Schmerzmittel und Anbitbiose sollten verabreicht werden.
Die Therapie des Cushings erfolgt mit Vetronyl.
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Die Patientin trägt einen Body, um Manipulationen zu verhindern. | Bei einem späteren Verbandswechsel: Die Infektionen sind abgeklungen, die Wunden heilen gut. |
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Am Entlassungstag sind alle Wunden von Krusten bedeckt und deshalb kaum noch infektionsgefährdet. | Das Hautbild hat sich sehr verbessert - beim normalen Händling entstanden keine neuen Wunden mehr. |
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Lebensqualität statt Euthanasie! Nicht immer muss die Prognose so schlecht sein, wie die Anfangssituation glauben macht. | Minka, unsere bisher einzige feline Cushing-Patientin, erkundet wieder neugierig die Kamera :-) |
Letzte Änderung am 28.03.2022.